Das Wettbewerbsverbot ohne Karenzentschädigung

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RA Moritz Pohle zur Wirk­samkeit von Wet­tbe­werb­sver­boten.

Rah­men­verträge zwis­chen Auf­tragge­ber und Auf­trag­nehmer enthal­ten meist ein Wet­tbe­werb­sver­bot bzw. eine Kun­den­schutzk­lausel. Dem Auf­trag­nehmer wird für die Dauer des Ver­trages und für eine bes­timmte Zeit darüber hin­aus unter­sagt, für bes­timmte Kun­den tätig zu wer­den. Ver­stöße sind mit z. T. hohen Ver­tragsstrafen bedro­ht. Ins­beson­dere in der IT Branche sind diese Klauseln weit ver­bre­it­et. Im Stre­it­fall stellt sich die Frage der Wirk­samkeit des Ver­bots.

Die in Wet­tbe­werb­sver­boten ver­bor­ge­nen Risiken soll­ten nicht unter­schätzt wer­den. Die Wirk­samkeit solch­er Ver­bote und Ver­tragsstrafen ist zwar keines­falls stets ein­deutig. Ein Rechtsstre­it über diese Frage kann jedoch bere­its erhe­bliche Mühen und Kosten verur­sachen, zumal die Stre­itwerte in der Regel nach der Höhe der Ver­tragsstrafe bemessen wer­den und damit hoch sind.

Als Faus­tregel gilt:

Bevor ein Wet­tbe­werb­sver­bot bewusst gebrochen wird oder eine gel­tend gemachte Ver­tragsstrafe bezahlt wird, sollte Recht­srat einge­holt wer­den. Hier kann geprüft wer­den, ob die entsprechende Klausel über­haupt wirk­sam ist. Hier­bei kommt es auf Fein­heit­en an, die stets im Gesamtzusam­men­hang bew­ertet wer­den müssen.

Als Grun­dregel lässt sich sagen:

Auch in AGB des Auf­tragge­bers kön­nen Wet­tbe­werb­sver­bote und Ver­tragsstrafen wirk­sam vere­in­bart wer­den. Ist die in AGB enthal­tene Ver­tragsstrafe unangemessen hoch, ist die Klausel unwirk­sam. Bei Indi­vid­u­alverträ­gen kann das Gericht die Ver­tragsstrafe auf ein zuläs­siges Maß her­ab­set­zen (§ 343 BGB). Allerd­ings kann das Ver­bot als solch­es stets beste­hen bleiben, die Tätigkeit für den geschützten Kun­den kann also evtl. weit­er unter­sagt wer­den.

Grund­sät­zlich müssen Wet­tbe­werb­sver­bote unab­hängig von ein­er etwaigen Ver­tragsstrafe zeitlich, gegen­ständlich und räum­lich auf ein zuläs­siges Maß beschränkt sein. Fehlt eines dieser Merk­male, ist dies ein Indiz für die Unwirk­samkeit der Klausel. Der Kun­den­schutz darf sich in der Regel nur auf solche Kun­den des Auf­tragge­bers beziehen, bei denen der Freiberu­fler vom Auf­tragge­ber tat­säch­lich einge­set­zt wurde. Dies ist als gegen­ständliche Beschränkung erforder­lich und aus­re­ichend. Andere Kun­den des Auf­tragge­ber kön­nen jedoch regelmäßig nicht wirk­sam geschützt wer­den, hier über­wiegen die Inter­essen des Auf­trag­nehmers an der freien Ausübung seines Berufs.

Das Wet­tbe­werb­sver­bot darf läng­stens auf die Dauer von 2 Jahren nach Ver­tragsende aus­gedehnt wer­den. Eine län­gere Gel­tung des Wet­tbe­werb­sver­botes kann nur unter beson­deren Umstän­den zuläs­sig sein.

Räum­lich kann beispiel­sweise die Beschränkung auf ein Bun­des­land aus­re­ichend sein. Je weit­er der räum­liche Bere­ich aus­gedehnt wird (z. B.: gesamte Bun­desre­pub­lik), desto enger hat die gegen­ständliche Beschränkung ausz­u­fall­en, andern­falls kann die Klausel unwirk­sam sein. Eine typ­is­che unzuläs­sige Klausel wäre dem­nach:

Der Auf­trag­nehmer unter­lässt es für die Dauer von 2 Jahren nach Beendi­gung des Ver­trages, inner­halb der Bun­desre­pub­lik Deutsch­land in Konkur­renz zum Auf­tragge­ber zu treten.

Generelle Wirk­samkeitsvo­raus­set­zung eines solchen nachver­traglichen Ver­botes ist jedoch ein schutzwürdi­ges Inter­esse des Auf­tragge­bers an dem Ver­bot sowie unter bes­timmten Voraus­set­zun­gen die Zahlung ein­er Karen­zentschädi­gung.

Beim nachver­traglichen Wet­tbe­werb­sver­bot ist hin­sichtlich ein­er Karen­zentschädi­gung zu unter­schei­den:

Einem Angestell­ten oder wirtschaftlich bzw. sozial abhängi­gen freien Mitar­beit­er kann ein Wet­tbe­werb­sver­bot nur gegen Zahlung ein­er angemesse­nen Karen­zentschädi­gung für die Dauer des Ver­botes wirk­sam aufer­legt wer­den, min­destens 50% der ver­traglichen Vergü­tung (die §§ 74 ff HGB gel­ten hier entsprechend für alle Ar-beit­nehmer).

Die jüng­ste Rechtssprechung kann ohne weit­eres als Stärkung der Rechte von Freiberu­flern inter­pretiert wer­den. So hat das Landgericht München mit Urteil vom 05.12.03 ein Wet­tbe­werb­sver­bot für nichtig erk­lärt. Dieses sah vor, dass der freiberu­flich tätige Auf­trag­nehmer für ein Jahr nach Ver­tragsende keine Aufträge von „Kun­den bzw. Inter­essen­ten des Auf­tragge­bers, die ihm im Rah­men dieses Ver­trages bekan­nt wer­den“ anzunehmen oder durchzuführen. Gle­ich­es sollte für mit dem Kun­den ver­bun­dene Unternehmen gel­ten und darüber hin­aus für solche, die dem Auf­trag­nehmer „im Zusam­men­hang mit der Durch­führung eines Einze­lauf­trags bekan­nt gewor­den sind“. Ver­stöße soll­ten mit ein­er Ver­tragsstrafe von 25% der erziel­ten Vergü­tung, min­destens aber DM 50.000 geah­n­det wer­den.

Zur Begrün­dung führte das Gericht ins­beson­dere die Grun­drechte des Freiberu­flers aus Art. 12 Abs. 1 GG (Berufs­frei­heit) an. Das Wet­tbe­werb­sver­bot greife zu stark in die Rechte des Freiberu­flers ein, da es gegen­ständlich zu weit gehe bzw. zu unbes­timmt sei. Es sei nicht geregelt, wann eine Fir­ma als „Inter­essent“ des Auf­tragge­bers anzuse­hen sei. Nach § 138 BGB sei das Ver­bot deshalb sit­ten­widrig und unwirk­sam. Die Klage auf Zahlung der Ver­tragsstrafe wurde deshalb abgewiesen.

Ein entschädi­gungslos­es Wet­tbe­werb­sver­bot wird mit einem Freiberu­fler deshalb schwierig zu vere­in­baren bzw. durchzuset­zen sein, zumin­d­est dann, wenn dieser als “Einzelkämpfer” tätig ist.

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