Anspruch eines Arbeitnehmers auf Beurteilung bestimmter Leistungen oder Eigenschaften im Arbeitszeugnis

Veröffentlicht am 26. November 2008 von Dr. Christian Ostermaier | Arbeitsrecht | 2 Kommentare

Law-BlogDas Ende eines Arbeitsverhältnisses ist oft erst der Beginn eines Streites über das Arbeitszeugnis. Denn genügt ein Zeugnis nach seiner Form oder seinem Inhalt nicht den gesetzlichen Anforderungen, so kann der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber die Berichtigung oder Ergänzung des Arbeitszeugnisses verlangen.

Der Arbeitgeber hat bei der Erstellung eines Zeugnisses die Gebote der Zeugniswahrheit und der Zeugnisklarheit zu beachten. Hält er sich an diese Gebote, so ist er grundsätzlich in der Formulierung frei, solange keine falschen Angaben gemacht werden. Hierbei hat sich der Arbeitgeber aber am Maßstab eines wohlwollenden verständigen Arbeitgebers zu orientieren.

Streit ergibt sich meist bezüglich der Frage, welche Einzelaspekte eines Tätigkeitsspektrums im Arbeitszeugnis erwähnt werden sollen oder müssen. Der Arbeitgeber beharrt üblicherweise auf seinem Recht, dass er selbst darüber entscheiden darf, welche bestimmten Leistungen oder Eigenschaften des Arbeitnehmers er hervorhebt. Hingegen sind dem Arbeitnehmer die Nennung bestimmter Leistungen oder Eigenschaften im Arbeitszeugnis für sein berufliches Fortkommen besonders wichtig.

Hierzu hat das BAG jüngst in seiner Entscheidung vom 12. August 2008, AZ: 9 AZR 632/07 ausgeführt, dass dann, wenn es für Arbeitnehmer einer Branche oder einer Berufsgruppe üblich sei, dass bestimmte positive Eigenschaften oder Leistungen hervorgehoben werden, diesem Brauch auch im Zeugnis Rechnung getragen werden müsse. Werde eine solche sonst in Arbeitszeugnissen üblicherweise genannte Eigenschaft oder Leistung im konkreten Arbeitszeugnis nicht erwähnt, so bedeutet „deren Auslassung regelmäßig einen (verstecken) Hinweis für den Zeugnisleser, der Arbeitnehmer sei in diesem Merkmal unterdurchschnittlich oder allenfalls durchschnittlich zu bewerten (beredetes Schweigen).“

Der Arbeitnehmer hat daher einen Anspruch auf Erteilung eines ergänzten Arbeitszeugnisses, wenn die ausdrückliche Bescheinigung bestimmter Merkmale in dessen Berufskreis üblich ist und ein Fehlen dieser Aussage sein berufliches Fortkommen behindern könnte.


2 Gedanken zu "Anspruch eines Arbeitnehmers auf Beurteilung bestimmter Leistungen oder Eigenschaften im Arbeitszeugnis"

Das schlimme bei Arbeitszeugnissen ist ja oft, dass Formulierungen die für den „Normalen Bürger“ schon wohlwollend klingen, versteckte Hinweise enthalten können, die auf andere Sachen hindeuten.
Es gilt zunächst einmal Aufklärungsarbeit zu betreiben, um solche Fehler im eigenen Zeugnis zu erkennen – als zweiter Schritt kann dann eine Bereiniung gefordert werden.

@Britta Ich selbst habe zum Glück noch keine Erfahrungen mit negativen Formulierungen in Arbeitszeugnissen gemacht – im Gegensatz zu meinem Mann. Dieser wurde auf eine als positiv getarnte, negative Aussage in seinem Zeugnis von einen Arbeitsvermittler aufmerksam gemacht. Dieser ist darüber gestolpert, da frühere Arbeitszeugnisse durchweg positiv ausgefallen sind. Mein Mann hat sich danach an seinen ehemaligen Arbeitgeber gewendet und hat das Zeugnis noch im nachhinein abändern lassen. Ach ja, der Arbeitgeber konnte seine Änderungswünsche natürlich überhaupt nicht nachvollziehen…