Schnipp Schnapp

Veröffentlicht am 15. Februar 2007 von Moritz Pohle, LL.M. (EUR) | Übergreifendes | 17 Kommentare

Law-BlogHeute findet je nach regionaler Gewohnheit die symbolische Kastration in Form des Abschneidens von Krawatten statt. So auch gerade bei mir. Während ich den Rest meiner schönen Windsor-Krawatte zu Boden fallen sehe, überlege ich mir: ist das jetzt ein rechtlich erfassbarer Vorgang oder nur Spaß? Will sagen: wäre ich ein spaßbefreiter Zeitgenosse, könnte ich dann die Täterinnen auf Schadenersatz in Anspruch nehmen? Oder gibt es so etwas wie eine konkludente Zustimmung in diese tatbestandlich einwandfrei gegebene Sachbeschädigung, ausgedrückt dadurch, dass man an diesem Tag überhaupt mit Krawatte erscheint? Eine Parallele findet sich im Problem der Sportverletzungen: jeder Fußballer weiß, dass er während des Spiels auch einmal absichtlich gefoult wird. Er nimmt das in Kauf, willigt also in gewisssem Maße in die Körperverletzung ein, wenn er das Spielfeld betritt. Andererseits will gerade der Stürmer ja nicht gefoult werden, sondern den Ball möglichst ungehindert ins gegnerische Tor befördern.

Ich will ja keinen Schadenersatz, also prüfe ich es nicht durch, sondern stelle das Problem nur zur Debatte. Mit närrischen Grüßen, versteht sich.


17 Gedanken zu "Schnipp Schnapp"

Vorsicht ist daher nur bei Personen aus nicht dem Frohsinn so zugewandten Regionen angebracht. Hinweisen muß ich an dieser Stelle darauf, daß das Amtsgericht in Essen (20 C 691/87) hierzu folgende, weniger humorvolle Auffassung vertritt: Das Amtsgericht verurteilte eine Jeckin zum Schadensersatz in Höhe von 40 DM.

Meines Erachtens muss man verschiedene Konstellationen unterscheiden:

1. Stellt es der AG dem AN frei, an diesem Tag seine Krawatte zu tragen oder nicht, kann letzterer sicherlich keinen Ersatz verlangen. Schließlich hat er mit dem „Tragen der Krawatte in einer brauchtumsbelasteten Region“ [:-)] eine latente Gefahr begründet.

2. Hält der AG an der Krawattenpflicht fest, und enthält der Arbeitslohn des AN – wie wohl regelmäßig bei Krawattenträgern – keinen Entgeltbestandteil für Arbeitskleidung, wird es schwieriger. Hier könnte man mE über einen Ersatz analog der auftragsrechtlichen Vorschriften nachdenken. Wenn ich meine Bonusmeilen darüber analog abgeben muss, will ich auch meine Krawatte absetzen 🙂

In diesem Sinne… Alaaf und Helau…

Kollege Pohle. Hat es Dich dieses Jahr auch wieder erwischt? Spätestens seitdem ich letztes Jahr (unwissend) wegen eines OLG-Termins mit meiner allerbesten und liebsten Krawatte im Büro erschien und diese bereits im Treppenhaus den beschriebenen archaischen Bräuchen zum Opfer fiel, finde ich die ganze Sache nur noch mäßig witzig. Irgendwie.

Ich plädiere jedenfalls für ein Ausschöpfen des Strafmaßes. Echt. 😉

Also der geübte Weiberfastnachtkrawattenträger entsorgt an diesem Tag geschickt die häßlicheren Weihnachtsgeschenke ohne sich Ärger mit der Gattin einzuhandeln.

„Ich plädiere jedenfalls für ein Ausschöpfen des Strafmaßes.“

Und Sicherheitsverwahrung wegen alljährlicher Wiederholungsgefahr sowie zur Prävention ein ganzjähriges bundesweites Scherenverkaufs- und Verleihverbot.

Hallo,
also ich komme ja aus einer Region, die nicht allzu stark diesen Bräuchen nacheifert, folglich kann ich dem ganzen so gar nichts abgewinnen. In meinem bisherigen Leben haben es auch nur 2 Frauen geschafft jemals ein Schuhband oder eine Krawatte zu zerstören… ^^

Ich halte da nichts von, hat meiner Ansicht nach nichts mit „Spaß“ zu tun.
Nun gut, ich trage an besagtem Tag seit einigen Jahren nur noch Pullover und Schnürsenkellose Schuhe.
Am Sonntag werde ich aber trotzdem wieder aus voller Brust „Papenburg Hellau“ rufen.

Schöne Grüße aus der Karnevalshochburg Papenburg,
André

Also aus Sicht einer Frau, nicht karnevalsgeprägt ist das simple Sachbeschädigung. Andererseits hat für mich aber auch jeder Mann eine Macke, der an dem Tag eine Krawatte trägt – denn das Nichtragen lässt sich auch jedem Arbeitgeber gegenüber als eine Handlung durch höhere Gewalt plausibel begründen.

Aber da Ihr ja alle kluge Helden seid, zieht Ihr an dem Tag die meistgehasste Krawatte von der Schwiegermutter vor sechs Jahren geschenkt an. Oder die mit den Plutos, Snoopys oder Mickey Mäusen drauf, die gehören eh gekillt.

Ich finde das Abschneiden von Krawatten ebenso wenig lustig wie das absichtliche Foulen im Fußball. Allerdings gibt es ja auch ein Sprichwort, „wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um“. Übertragen auf die Krawatte bedeutet dies, wer in Gegenden mit der Krawatten schneidenden Weiblichkeit – ich meine es sind nur Frauen, die solches tun- unterwegs ist, muss mit der Zerstörung rechnen.“
Ich wünsche eine Glückselige Fasnet

Der Brauch, dass Frauen an Weiberfastnacht den Männern die Krawatten abschneiden, soll erst unmittelbar nach 1945 entstanden sein!…

Das Krawattenkürzen mittels Schere dürfte objektiv klar Sachbeschädigung sein, wenn das Opfer nicht hinreichend klar einwilligt – wozu offenbar keines der hier vertretenen Opfer die Gelegenheit hatte. Im Schlipstragen in einer für Kravatten gefährlichen Zeit allein liegt jedenfalls ebensowenig eine Einwilligung wie das für das Überfahren von Fußgängern der Fall wäre, die sich im Berufsverkehr bewegen.

Wer sich in Gefahr begibt… Stimmt, aber ist damit die Gefahr ethisch und rechtlich aus dem Schneider? Das würde eine Art unausgesprochene Übereinstimmung zwischen den Schneiderinnen und dem Opfer voraussetzen, dass zu Karnevalszeiten alle durchdrehen dürfen.

Ich nehme für mich aber das verfassungsmässige Recht in Anspruch, Karneval doof zu finden, also über Karnevalsbräuche den Kopf zu schütteln, Büttenreden albern, Verkleidungen dämlich und besoffene Mitbürger lästig zu empfinden und überhaupt in Ruhe gelassen zu werden mit dem ganzen Kram. Wer das als Spaßverderberei ansieht, soll halt weggucken und mich meine teure Kravatten unbeschadet wieder nach Hause tragen lassen.

Dieses Jahr habe ich nur Glück gehabt. Ich hatte vergessen, dass Berufsverkehr ist…

Weil es heute so schön passt, verweise ich auf das Plädoyer eines Rosenmontagskindes und Juristen:

http://inishmoreblog.blogspot.com/2006/02/am-rosenmontag-bin-ich-geboren-ein.html

Nachdem ich mit einem Mann verheiratet bin, der sich immer wieder nichtwissend mit den teuersten Kravatten in den Weiberfasching schwingt, sollte ich mir eher überlegen, ob ich über den Gatten an diesem Tag nicht eine Ausgehsperre verhängen sollte :-).

Ich empfehle die abgeschnittene Krawatte noch einmal zu tragen. Das Binden ist natürlich etwas schwieriger. Darüber einen Pullover mit V-Ausschnitt. So jedenfalls hat es mein Vater (Lehrer a.D.) gemacht und sich über die verdutzten Gesichter seiner Schülerinnen gefreut.

Ich habe soeben eine sofortige Gesetzesinitiative zum Verbot von Killerscheren veranlaßt!

Außerdem soll zukünftig jede Krawatte bereits ab Werk mit einem funkenden RFID-Chip, sowie GPS-Sender und Mini-Kamera und -Mikrofon ausgestattet sein (in jeweils doppelter Ausführung: einmal im oberen, einmal im unteren Teil der Krawatte).

Dies Maßnahmen dienen dem Schutz des Eigentums unbescholtener Bürger, die ja ohnehin nichts zu verbergen haben …

mfg Wolfram Schüble
Bundesminister für Grenzdebilität

Na, mir scheint das ein wenig übertrieben, weil:

A. Üblicherweise keine Krawatte gegen den Willen ihres Trägers abgeschnitten wird. Ich bin viel in der Republik rumgekommen und (mit der unter B. geschilderten Ausnahme) nirgendwo hatte ich das Gefühl, daß man (besser hier: frau) mir meine Krawatte (ich gebe zu ich trage immer absichtlich Entsorgungsgut…) auch abgeschnitten hätte, wenn ich mich gesträubt hätte.

B. Ausnahme ist sicherlich das Rheinland im engeren Sinne. Hier wird nicht viel Federlesens gemacht und man(n) hat keine Chance. ABER im Rheinland ist Karneval so fest und vor allem prägend in die Kultur eingebunden, daß mir kein Mann erzählen kann, er hätte nicht gewußt, was ihm blüht, wenn er an solchem Tag einen Schlips statt eines Schwipses trägt.
Und sorry, aber auch solche Herren, die beruflich ein solches (Ver)kleidungsstück tragen müssen, können ein entsprechendes Entsorgungsgut anlegen oder sogar für wenige Cent eine Alibikrawatte erwerben. Wobei mir aus Erfahrung (bin in Aachen aufgewachsen und auch referendarisiert worden) zweifelhaft erscheint, daß in den genannten Gegenden zu genannten Zeit überhaupt jemand arbeiten kann.

@RA Tom: also eins kann ich versichern: selbst in Bayern kommt es vor, dass der entgegenstehende und kundgetane Wille des Trägers brutalstmöglich übergangen wird. Fragen Sie mal den Kollegen Arne Trautmann 🙂

ein jährlich leidiges Thema: ich hatte es dieses Jahr völlig vergessen – und natürlich, wie sollte es anders sein, eine gute Krawatte zur Arbeit angezogen. Auf dem Parkplatz ist es mir dann doch noch eingefallen: Also, es nütze nichts… die Krawatte war nicht entbehrbar… also musste ich wohl an diesem Tag ohne Krawatte meinen Gang antreten… ich weiss: Spielverderber… aber die Krawatte war dann doch zu teuer…
Ansonsten geb ich meinem Vorredner recht.. es ist immer eine gute Gelegenheit die alten „Krawatten-Sünden“ zu entsorgen… ;o)