OLG München zur Buchpreisbindung beim zweigleisigen Vertrieb
Das nachfolgend widergegebene Urteil behandelt einen interessanten Fall zur Buchpreisbindung. Die unseres Erachtens auch für viele weitere Fälle maßgebliche Entscheidung wird hier auf dem Law-Blog näher besprochen.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN
Aktenzeichen: 6 U 1645/06; 33 0 21266/05 LG München I
Verkündet am 03.08.2006
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit B, vertreten durch den Geschäftsführer …, …
– Antragstellerin und Berufungsklägerin –
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Tacke Roas Krafft, Rindermarkt 3-4, 80331 München
gegen
R. GmbH & Co. KG, vertreten durch R. Verwaltungs-GmbH, diese vertreten durch den Geschäftsführer …, …
– Antragsgegnerin und Berufungsbeklagte –
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt …
wegen Unterlassung
erlässt der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. S. und die Richterin am Oberlandesgericht H. und Richter am Bundespatentgericht G. aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 03.08.2006 folgendes
ENDURTEIL
1. Auf die Berufung der Verfügungsklägerin wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 07.12.2005, Az. 33 O 21266/05 aufgehoben.
2. Der Verfügungsbeklagten wird es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,- EURO, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen am Geschäftsführer Ihrer Komplementärin, untersagt,
a) Innerhalb von sechs Monaten nach dem Erscheinen von Originalausgaben von bei ihr verlegten preisgebundenen Büchern Ausgaben, die sich nur im Fehlen oder Vorhandensein eines Schutzumschlags und einer geringfügigen grafischen Bearbeitung des Einbandmotivs unterscheiden, bei einem Preisunterschied von mehr als 20% außerhalb von Buchclubs oder Buchgemeinschaften, die ihren Mitgliedern eine Mindestabnahmeverpflichtung auferlegen, zu vertreiben oder vertreiben zu lassen;
b) insbesondere die Sonderausgabe „N.“ von … (ISBN …) für die Zeit einer wirksam bestehenden Preisbindung über den W.Verlag zum Preis von 14,95 EURO an Letztabnehmer zu vertreiben oder vertreiben zu lassen.
c) Die Verfügungsbeklagte trägt die Kosten des gesamten Rechtsstreits.
GRÜNDE:
1. Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen.
2. Die Berufung der Verfügungsklägerin erwies sich als begründet, ein Verfügungsgrund steht der Verfügungsklägerin zur Seite, insoweit sind auch keine durchgreifenden Einwen-dungen ersichtlich.
3. Die Verfügungsbeklagte hat gegen § 9 BuchPrG dadurch verstoßen, dass sie nach ihrem Buch „N.“ gemäß Anlage 2, welches sie für ca. 25,-EURO preisgebunden hat, ein zweites Buch „N.“ gemäß 8 hergestellt hat, welches sie zum Preis von 14,95 EURO über den W.Verlag vertrieben hat. Beide Bücher unterscheiden sich dadurch, dass das Erstgenannte einen losen Schutzumschlag aufweist, während beim Letztgenannten der Schutzumschlag fest mit dem Einband verbunden ist. Die grafische Gestaltung weist nur geringfügige Unterschiede auf; insbesondere lassen beide Umschlagsgestaltungen erkennen, dass es sich um ein Buch des Rosenheimer Verlag handelt. In Text und Bebilderung sind beide Bücher gleich, insbesondere ist auch die Qualität der Abbildungen und des Textes identisch. Beide Bücher sind im Übrigen in derselben Druckerei hergestellt worden. Das Buch gemäß 8 hat lediglich unter der auch in dem Buch gemäß 2 vorhandenen Danksagung einen Hinweis darauf, es handele sich um eine Sonderausgabe für den Weltbildverlag. Dieser Hinweis, der für den Leser und Betrachter des Werkes völlig irrelevant ist, ist nicht geeignet, dieser Ausgabe, gegenüber der Ausgabe gemäß 2 eine neue Qualität zukommen zu lassen, mit anderen Worten, es liegt insoweit keine sachliche Rechtfertigung gemäß § 5 Abs. 5 BuchPrG vor, unterschiedliche Endpreise für diesen Titel festzusetzen.
4. Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass sie anlässlich einer früheren Auseinan-dersetzung mit der Klägerin eine Vergleichsvereinbarung gem. Anlage AG3 – dort Nummer III. – geschlossen hätte, wonach ihr jetziges Vorgehen nicht beanstandet werden könnte.
Die Verfügungsklägerin weist zu Recht darauf hin, dass schon die sachlichen Voraussetzungen dieser Vereinbarung nicht gegeben sind, weil beim hier streitgegenständlichen Titel die Motive von Vorder- und Rückseite des Umschlags nicht vertauscht worden sind.
Im Übrigen wäre eine derartige Vereinbarung auch für das Gericht nicht bindend; denn das BuchPrG steht nicht zur Disposition der Parteien, sondern ist vom Gericht auszulegen.
Insoweit ist nochmals darauf hinzuweisen, dass ein sachlich gerechtfertigter Grund für die unterschiedliche Preisgestaltung nicht besteht und die Preisbindung für den Titel gem. Anlage 2 bislang nicht aufgehoben ist.
5. Die Antragstellung hat sich auch nicht etwa durch Zeitablauf erledigt. Angesichts des Verstoßes der Verfügungsbeklagten besteht Wiederholungsgefahr, dem mit dem Verfügungsantrag 1 a entgegengewirkt werden sollte. Der Verfügungsantrag 1 b ist solange nicht erledigt, als die Preisbindung nicht rechtswirksam aufgehoben ist.
6. Die Kosten des Rechtsstreits fallen der Verfügungsbeklagten zur Last § 91 ZPO.
7. Das Urteil ist rechtskräftig.
5 Gedanken zu "OLG München zur Buchpreisbindung beim zweigleisigen Vertrieb"
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Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass sie anlässlich einer früheren Auseinan-dersetzung mit der Klägerin eine Vergleichsvereinbarung gem. +++1
wieder eine überholte Regelung…
Es ist schon ein starkes Stückzunächst einen bestimmten Preis zu vereinbaren und sodann unter Verwendung einiger Sparmaßnahmen in der Herstellung (nicht Erstellung) des Buches eigenmächtig einen anderweitigen Preis anzusetzen. Da fragt man sich dochwozu festgeschriebene Vereinbarungen getroffen werdenzumal nicht nur die Verleger mit dem Buch etwas verdienen möchten und müssensondern auch der Autor bzw. Rechtebesitzer. Das Urteil ist also vollkommen korrektnicht nur aus der Sicht des Gesetzessondern auch aus dem Gesichtspunkt der Ethik. Vereinbarung ist Vereinbarung und Gesetz ist Gesetzdazu werden sie festgeschrieben.
Dean Verkühlen
Sieht es mittlerweile nicht wieder bisschen anders aus?